Audiovisuelle Kunst am Mahnmal Buchenwald
Area Composer gewinnen den Genius Loci Weimar Wettbewerb
Vom 30. August bis 1. September 2024 wurde die Installation »EMPATHY« am Mahnmal Buchenwald aufgeführt und transformierte die Straße der Nationen zu einem menschlichen Schicksalsweg. Geschätzte 20.000 Menschen besuchten das Genius Loci Weimar Festival für audiovisuelle Kunst auf dem Ettersberg bei Weimar.
Area Composer gewannen zusammen mit zwei weiteren Künstlergruppen aus Italien und Frankreich den internationalen Wettbewerb für das 11. Genius Loci Weimar Festival am Mahnmal Buchenwald. Mehr als 100 Bewerbungen aus 22 Nationen wurden eingereicht.
Projektumfang
- Wettbewerbsbeitrag
- Künstlerische Konzeption
- Aufführungskonzeption
- Foto- und Tonaufnahmen
- Komposition
- Technische Planung
- Öffentlichkeitsarbeit
- Kooperation mit lokalen Akteuren
- Dokumentation
Kuration + Produktion
- GENIUS LOCI Weimar
Veranstalter
- Gedenkstätte Buchenwald
GENIUS LOCI Weimar
Medienresonanz
MDR Kultur: Artikel von Carolin Büscher vom 30.08.2024 >
Radio-Beitrag von Carolin Büscher hier anhören:
Deutschlandfunk Kultur: Radio-Beitrag von Bernhard Henry vom 30.08.2024 hier anhören:
Drei Nächte des friedlichen Gedenkens am Mahnmal Buchenwald
EMPATHY transformiert die Straße der Nationen am Mahnmal Buchenwald zum menschlichen Schicksalsweg.
Beim Gang entlang der Pylone tauchen wir in eine imaginäre Bild- und Klangwelt ein.
Die dreiteilige Installation aus langsam ineinanderfließenden Bildern (Liquid Image) und einem
Soundscape aus Geräuschen, Stimmen und Musikkomposition führt über das Gedenken an die Opfer hinaus in das Hier und Jetzt und damit auch zur Selbstreflexion.
- Länge: 27 Minuten: 3 Teile à 9 Minuten, jeder Teil läuft in Dauerschleife
- Projektion auf 18 Pylone entlang der 300 Meter langen Straße der Nationen
- 18 Beamer / 36 Soundstationen / 2 Scheinwerfer
Teil 1: Die Opfer von Buchenwald
Wir begleiten die Menschen von der Ankunft am Bahnhof in Weimar bis zum Lagertor von Buchenwald. Wir erahnen ihr Leben im Lager anhand der wenigen Überbleibsel ihrer Existenz. Ihre Vernichtung und Auslöschung im Krematorium ist nicht das Ende, denn ihre Seelen begegnen uns in schemenhaften Silhouetten und ihre Stimmen lassen sich nicht überhören. Die Opfer von Buchenwald scheinen aus dem anonymen Stein der Pylone hervorzutreten und Kontakt mit uns aufzunehmen.
Teil 2: Buchenwald war überall
Wir werden Zeugen der oft mörderischen Zwangsarbeit im Lager Buchenwald und seinen Außenstellen. Der Auftrag des „Nie wieder“, der von Buchenwald ausgeht, konnte bis heute nicht erfüllt werden. An zahlreichen Orten der Welt litten und leiden Menschen unter Grausamkeiten und Willkür totalitärer Systeme. Auch diesen Opfern gilt unser Gedenken. Ihre Seelen durchdringen die gesamte Installation in Form von Silhouetten sowie als Melodie, die von Instrumenten aus verschiedenen Weltregionen erklingt.
Teil 3: Buchenwald ist überall
Wir sind im Hier und Jetzt. Geflüchtete Menschen machen die Konflikte der Welt im derzeit friedlichen Westeuropa sichtbar. Wir begegnen ihnen an Bahnhöfen und Metrostationen und werden Zeugen ihrer Flashbacks. Erinnerungen an die Heimat vermischen sich mit ihrem Erleben der Flucht.
Ende: Rückkehr nach Buchenwald
Ein Mensch von heute tritt aus dem Krematorium hinaus ins Licht. Symbol der Erlösung oder des Todes? Die Frage kann jeder für sich beantworten.
Diese Selbstreflexion wird dadurch verstärkt, dass Scheinwerfer die vorbeigehenden Besucher von hinten beleuchten , so dass sich ihr eigener Schattenwurf auf die Silhouette des Menschen in der Installation legt.
Making-of EMPATHY
Häufig gestellte Fragen zu EMPATHY
Alle Bilder – bis auf eines, das uns die Gedenkstätte Buchenwald zur Verfügung gestellt hat – haben wir selbst fotografiert. Der Großteil der Fotos wurde Ende Juni 2024 in Buchenwald aufgenommen, nachdem wir erfahren haben, dass wir den Wettbewerb gewonnen haben. Darüber hinaus haben wir Fotos von Reisen in verschiedene Länder in EMPATHY verarbeitet.
Ja, wir haben in den vergangenen Jahren eine spezielle Fotografiertechnik entwickelt, bei der gleichzeitig scharfe und bewegungsunscharfe Bilder enstehen. Wie das funktioniert, haben wir auf unserer Website in den Fragen an den AC-Fotografen beantwortet.
Eigentlich nicht, denn wir komponieren aus den Einzelbildern ein so genanntes Liquid Image. Durch den technischen Prozess der Überblendung kommunizieren die Fotografien miteinander, verschmelzen und erzeugen neue Bilder. Das Erkennen des Einzelbildes ist nicht mehr wichtig. Statt dessen: Assoziationen, Emotionen, neue Wahrnehmungen.
Der Sound wurde speziell für EMPATHY komponiert. Er besteht zu einem Großteil aus Geräuschen und Stimmen, die wir in der Gedenkstätte Buchenwald und im Weimarer Bahnhof aufgenommen haben. Um die Ruhe der Gedenkstätte nicht zu stören, haben wir laute Geräusche, wie z. B. die des Arbeitslagers, in unserem Atelier erzeugt und aufgenommen. Historische Geräusche, wie z. B. Dampflokomotiven, stammen aus Tonarchiven. Diese konkreten Klänge verbinden wir mit der abstrakten Welt der Musik. Einfache Motive und Melodien, die sich im letzten Teil zu orchestralen Kompositionen ausweiten. Einige Instrumente wurden analog aufgenommen, andere wurden mit virtuellen Klangerzeugern und Sample Libraries eingespielt.
Der Sound erzählt die Geschichte(n). Er fügt den Bildern eine weitere erzählerische Ebene hinzu. Dabei sind Bild und Klang untrennbar verbunden. Bilder wecken Assoziationen. Klang schafft Emotionen – und umgekehrt. Zusammen verstärken und vervielfachen sie die möglichen Wahrnehmungen. EMPATHY erzählt vor allem die Geschichte der Menschen von Buchenwald. Es gibt nur wenige Überbleibsel ihrer Existenz, die wir in Bildern zeigen können. Aber mit Hilfe von Geräuschen, Stimmen und Melodien können wir ihr Leben in Buchenwald nachzeichnen und nachspüren.
Es gibt verschiedene Stimmen, die von KI erzeugt wurden. Zum Beispiel haben wir einen Brief von einer Männer- und einer Frauenstimme vorlesen lassen, den ein Flüchtling aus Afghanistan an seine Kinder geschrieben hat. Der Brief wurde auf Dari geschrieben. Der Vater erklärt seinen Kindern den Grund seiner Flucht und wie traurig er darüber ist, dass er sie verlassen musste. Wir wollten die Authentizität dieses Briefes erhalten und die Originalsprache verwenden. Dafür war der Einsatz von KI sehr hilfreich. Der Brief ist übrigens im 3. Teil von EMPATHY zu hören.
Ja, die Morsezeichen bedeuten: „Amerikaner befreien Konzentrationslager Buchenwald.“
Vor jeden der Pylone wird ein Beamer positioniert, der in einem Winkel von 45 Grad auf die rechte vordere Kante ausgerichtet ist. Dadurch können wir das Liquid Image auf die Vorderseite und auf die rechte Seite des Pylons projizieren und Auflösungs-, Schärfe- und Helligkeitsverluste minimieren.
Beidseits der „Straße der Nationen“ werden Boxen positioniert, so dass sich die Besucher durch einen Klangraum bewegen und Stereoeffekte wahrnehmen können.
Video-Dokumentation des Genius Loci Weimar Festivals 2024
© Kristin Herziger, Genius Loci Weimar 2024